Johannisfahrt 2017 – Letztmalig zur Wehrberger Warte?
Der Himmel weinte Tränen. So oder ähnlich könnte man es beschreiben, als wir unsere diesjährige traditionelle Johannisfahrt zur Wehrberger Warte antraten. Es regnete in Strömen und dennoch ließen sich 15 Ruderer und Ruderinnen, davon 3 Kameraden aus Bodenwerder, nicht davon abhalten die Fahrt durch die Schleppzugschleuse nach Wehrbergen anzutreten. Es sollte auch zunächst unsere letzte Fahrt in diesem Rahmen zur Wehrbergner Warte sein, denn dieses Traditionslokal schliesst zum Ende des Jahres seine Pforte. Das Geschwisterpaar Wilde/ Lemke setzt sich altersbedingt zur Ruhe. Wie es weiter geht, steht derzeit in den Sternen und ob wir zukünftig ggf. alternativ ein Picknik in dem der Weser zugewandten historischen Gartenpark abhalten können, muss noch geklärt werden. Als Dank und in Würdigung der uns immer wieder erwiesenen Gastfreundschaft überreichten Dr. Peter Dennis und Werner Steding als Ruderwart und Organisator dieser Fahrt Frau Wilde die Vereinsflagge des RVW. Wie immer wurde 300 m unterhalb der Wehrberger Warte in der Innenkurve angelegt, die Boote aus dem Wasser genommen und der Weg zur Warte zu Fuß zurückgelegt. Schnitzel, Aal in Gelee mit Bratkatoffeln und das dazugehörige Getränk ließen uns die regnerische Hinfahrt vergessen. Mit dem Rudersport ist die Wehrberger Warte schon seit der Jahrhundertwende 1800/1900 sehr eng verbunden. Während die Hamelner Bürger dieses Gasthaus mit seinem der Weser zugewandten Park zu Fuß oder zu Wasser für Ausflüge ins Grüne ansteuerten, nutzte der Ruderverein „Weser“ v. 1885 e.V. Hameln gerne die Räumlichkeiten des Gasthauses für rauschende Sommerfeste. So wurde auch in solch einem Rahmen 1897 der Nordwestdeutsche Regattaverband (NWRV) aus der Taufe gehoben. In diesem Zusammenhang wurde vor Jahren die Idee geboren alljährlich zur Sonnenwende (Johannistag) diese Fahrt zur Wehrberger Warte durchzuführen. Uwe Hölscher vom RV Bodenwerder, Schatzmeister dieses Verbandes, wurde daher besonders von den Anwesenden mit Applaus begrüßt. Unser Helmut Griep zeigte in einem Rückblick die Historie dieser Warte in früheren Jahren auf. Die Landwehr als vorgeschobenes Befestigungssystem der Stadt entstand im 14. Jahrhundert und wurde 1385 erstmals urkundlich erwähnt. Sie bestand aus Erdwällen, Gräben und Knicks, die mit Hecken bepflanzt waren. In Bereichen mit natürlichem Schutz durch unwegsames Gelände, wie Feuchtgebiete oder Wasserläufe, sah man von der Anlage einer Landwehr ab. In der Nähe der Weser konnten wegen der Hochwassergefahr keine Wälle angelegt werden. Hier entstanden deswegen tiefe und breite Landwehrgräben. Das mittelalterliche Hameln besaß bis zu fünf Stadttore, die über sechs Landstraßen die Stadt mit dem Umland verbanden. Wo die Landstraßen auf die Landwehr trafen, entstanden an den Durchgängen zunächst Wachtürme und später Warthäuser mit Schlagbäumen. Entsprechend gab es die 1415 erstmals urkundlich erwähnte Afferdsche, die Berkeler, die Holtenser, die Rohrsener und die an der Weser liegende Wehrberger Warte. In Richtung Süden an der Straße nach Hagenohsen lag mit dem Hardtbaum eine weitere Warte, die um das Jahr 1600 abgebrochen wurde. Sie befand sich in Höhe der heutigen Töneböns Teiche nahe der im 14. Jahrhundert wüst gefallene Siedlung Harthem. Die Landwehr war zwar aus militärischen Erwägungen angelegt worden, diente aber hauptsächlich dem Schutz von Handelsstraßen mit Zollabgabe, Kontrolle von Holz-, Hude- und Weidenutzung, sowie als Grenzmarkierung gegenüber dem Umland. Darüber hinaus gab es auf den umliegenden Bergen Spähwarten zur Beobachtung des Geländes. Dazu zählten Posten und zum Teil Wachttürme auf dem Klüt, dem Basberg und dem Süntel. Die Hamelner Landwehr wurde von Knickwarten beaufsichtigt und unterhalten. Sie knickten die Büsche und verflochten die Zweige der Hecken auf dem Landwehrwall, sodass ein undurchdringliches Gestrüpp entstand. Regelmäßig fanden entlang dem Verlauf der Landwehr Begehungen statt, die als Grenzbeziehungen bezeichnet wurden. Sie dienten der Feststellung von Mängeln in der Befestigungslinie und ihrer Beseitigung. Seit 1619 sind die Begehungen urkundlich nachgewiesen. Diese Tradition pflegt noch heute der Hamelner Verein für Grenzbeziehung und Heimatpflege von 1930 einmal im Jahr. Nach dem Mittelalter verloren die Landwehren allmählich ihre militärische Bedeutung. Aus den Warthäusern wurden Gasthäuser, Ausflugsgaststätten oder landwirtschaftliche Betriebe. Als die Festung Hameln 1808 auf Napoleon Befehl geschleift wurde, verlor die Warte endgültig ihre Bedeutung als Vorposten der Stadt. Die heute einzige erhalten gebliebene Warte ist die Wehrberger Warte in Wehrbergen an der Weser, die später zum Gasthaus umfunktioniert wurde. Hier wurde während der Koalitionskriege im Jahr 1806 die Kapitulation über die preußisch geführte Festung Hameln unterzeichnet. Dies sind neben dem hervorragenden Essen interessante Aspekte, die es geradezu herausfordern dieses Gasthaus auch zukünftig weiterzuführen. Wir wollen hoffen, dass es Investoren gibt, die an solch historischem Gasthaus Gefallen finden um die Tradition fortzuführen.
Nach gut zwei Stunden Aufenthalt ging es, bei Gott sei Dank trockenem Wetter, mit einer Stromauf-Schleusung zurück zu unserem Bootshaus an der Tündernschen Warte. Wir sind gespannt, wie wir die Tradition der Johannisfahrt in der Zukunft aufrecht erhalten.